Römisches Bayern - Kempten und Augsburg starten Kooperation
Die beiden größten schwäbischen Städte gehen einen gemeinsamen Weg in der Erforschung, Vermittlung und Bewerbung ihres reichen kulturellen Erbes.
Die römische Geschichte von Kempten und Augsburg ist nicht nur von bayerischer, sondern auch von nationaler und internationaler Bedeutung. Augsburg und Kempten stehen hier auf einer Stufe mit den großen römischen Städten des Nordens wie Köln, Mainz, Trier und Xanten, die alle Metropolen bedeutender römischer Provinzen waren. Das Potenzial dieses reichen Erbes gilt es verstärkt zu nutzen und darüber hinaus einen wichtigen Beitrag zum Kulturleben in Bayern zu leisten. Die Vermittlungsarbeit, die Erforschung und Bewerbung der beiden wichtigsten Römerstädte in Schwaben soll nun verstärkt gemeinsam und nachhaltig vorangebracht werden.
Um diese zukünftige Zusammenarbeit zu besiegeln, trafen sich im Vorfeld der Vollversammlung des bayerischen Städtetages 2024 die Oberbürgermeisterin der Stadt Augsburg Eva Weber und Kemptens Oberbürgermeister Thomas Kiechle am authentischen Ort: in Cambodunum, der auf dem östlichen Hochufer der Iller gelegenen römischen Stadt, die heute im Archäologischen Park Cambodunum (APC) erlebbar wird. „Schon in der Antike waren Augsburg und Kempten die ersten echten Städte in Bayern, mit einer ausgeklügelten Stadtplanung, einer Stadtgesellschaft und städtischer Lebensweise – diese gemeinsame Geschichte gilt es zu erzählen“, so Thomas Kiechle, Oberbürgermeister der Stadt Kempten. „Ich freue mich sehr, dass die enge fachliche, politische und persönliche Zusammenarbeit mit Augsburg bei der Vermittlung unseres römischen Erbes nun vertieft wird und wir mit der Landesausstellung 2028 an den Standorten Augsburg und Kempten ein erstes gemeinsames Projekt anvisieren.“
Studie hebt Alleinstellungsmerkmale hervor und gibt Handlungsempfehlungen
„Gründungsdokument“ der vertiefenden Kooperation zwischen Augsburg und Kempten ist das gemeinsam in Auftrag gegebene, strategische Vermittlungsrahmenwerk (Interpretation Framework), das zu 50 Prozent vom Freistaat Bayern, von der Landesstelle für die nichtstaatlichen Museen in Bayern und den beiden Kommunen finanziert worden ist. Diese Studie ist nun erfolgreich abgeschlossen worden und hat sowohl die jeweiligen Alleinstellungsmerkmale der beiden römischen Städte herausgearbeitet als auch wichtige Handlungsempfehlungen für beide Kommunen zusammengestellt.
Kempten ist der einzige Ort in Bayern, an dem es möglich ist, sich ein vollständiges Bild vom Aufbau und der Funktionsweise einer römischen Stadt zu machen und in das alltägliche Stadtleben mit seinen Gebäuden und Straßen einzutauchen. Kempten wird demzufolge empfohlen, einen Erlebnisort zu schaffen, der den ganzjährigen Besuch ermöglicht und in welchem die eindrucksvolle Sammlung gezeigt werden kann; außerdem die Lösung von Infrastrukturproblemen und eine Verbesserung der Vermittlung in den Kleinen Thermen sowie der Vermarktung im Allgäu. Zudem gilt es, den APC zu einem „dritten Ort“ zu entwickeln, der vor allem die heutigen Anwohnerinnen und Anwohner miteinbezieht und als Begegnungs- und Erholungsort der Lebensqualität im Quartier Rechnung trägt.
Augsburg verfügt in großem Maß über qualitativ hochwertige archäologische Funde mit zahlreichen Inschriften, Skulpturen und monumentaler Architektur. Außerdem lässt sich in Augsburg als Sitz des römischen Statthalters die Geschichte und Funktion einer römischen Provinzhauptstadt und ihres Hinterlandes anschaulich erklären. Der Stadt Augsburg empfiehlt die Studie deshalb ein römisches Museum, welches das Eintauchen in die römische Stadt ermöglicht, unter Einsatz aussagekräftiger Objekte und zeitgemäßer, partizipativer Vermittlungskonzepte; außerdem Multimediastationen im Stadtraum und den Einbezug der verschiedenen Stadtteile, um das kulturelle Erbe erlebbar zu machen.
Die Oberbürgermeisterin der Stadt Augsburg, Eva Weber: „Die Studie zeigt Wege auf, wie das römische Erbe unserer beiden Städte sichtbarer und erlebbarer werden kann. Mit dem strategischen Vermittlungsrahmenwerk in Kooperation mit Kempten ist ein Zeichen gesetzt, um unsere gemeinsame römische Vergangenheit wieder mehr in das Bewusstsein der Bürgerinnen und Bürger zu rücken. Ein erster Schritt ist getan, aber weitere müssen folgen. Mit der Landesausstellung 2028 in Kempten und Augsburg ist der erste Meilenstein in Sicht, weshalb nun eine enge Zusammenarbeit nötig ist.“
Größer, besser, zusammen – Eine gemeinsame Geschichte erzählen
Auch wenn die Kernthemen von Kempten und Augsburg eng miteinander verwandt sind, sind die archäologischen Zeugnisse, die Geschichten und das Besuchererlebnis in Kempten und Augsburg unterschiedlich. Deshalb wollen die beiden Kommunen künftig Erlebnisse für das Publikum schaffen, die sich wechselseitig ergänzen: man muss beide Städte mit ihren Museen und Ausstellungsbereichen besuchen, um ein vollständiges Bild zu erhalten bzw. um das geschichtliche Bild am anderen Ort zu ergänzen. Erklärtes Ziel ist es, in den Stadtgesellschaften das Bewusstsein für das Potenzial des archäologischen Erbes der Römerstädte zu stärken und identitätsstiftend zu nutzen, vor allem auch in den migrantischen Communities und bei Kindern und Jugendlichen. Das gelingt durch eine gemeinsame Erzählung der römischen Geschichte mit einer lebendigen Verbindung zur heutigen Welt.
Auch der Kulturreferent der Stadt Augsburg, Jürgen K. Enninger, und der Kulturamtsleiter der Stadt Kempten, Martin Fink zeigen sich begeistert über die Entwicklung: „Die beiden ältesten Städte Bayerns sind zu Recht stolz auf ihre über 2.000-jährige Tradition, die sich schon in den Namen Cambodunum/Kempten und Augusta Vindelicum/Augsburg widerspiegelt. Unsere reichen archäologischen Sammlungen mit vielen spektakulären Exponaten sind das Ergebnis minuziöser Arbeit, die unsere Stadtarchäologien in kommunaler Verantwortung seit über 40 Jahren leisten.“